Cortisol verstehen: Die verborgene Last von Dauerstress - und wie du Balance findest
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Cortisol verstehen: Die verborgene Last von Dauerstress – und wie du Balance findest
Kennst du dieses Gefühl? Dein Herz rast, die Gedanken springen von Punkt zu Punkt, du fühlst dich innerlich wie auf Daueralarm. Genau so hat es sich für mich oft angefühlt, in den Jahren als ich Führungskraft war: immer erreichbar, immer gefordert – und innerlich immer unter Strom.
Der Körpertherapeut Deane Juhan nennt diesen Zustand eine „Adrenalin-/Cortisol-Vergiftung“. Das ist keine medizinische Diagnose, sondern ein Bild, das sofort verständlich macht: Stresshormone sind an sich lebenswichtig – aber wenn sie uns Tag und Nacht durchfluten, fühlen wir uns irgendwann vergiftet.

Was in deinem Körper passiert
Stress ist kurzfristig dein Helfer
Wenn Adrenalin freigesetzt wird, bist du wach, aufmerksam, stark. Cortisol hält dich durch – es stellt Energie bereit und hilft, Krisen zu überstehen. Für ein wichtiges Gespräch, einen Pitch oder ein Notfallmeeting ist das Gold wert.
Aber: Dauerstress verändert alles
Wenn dein Körper nicht mehr zurück in die Ruhe findet, bleibt Cortisol ständig hoch. Der Neurowissenschaftler Bruce McEwen beschreibt dieses Phänomen als „Allostatic Load“ – die Abnutzung, die entsteht, wenn wir dauerhaft im Überlebensmodus leben (McEwen, 2000).
Wie Dauerstress dein Gehirn prägt
- Gedächtnis & Lernen: Zu viel Cortisol schädigt den Hippocampus. Eine Studie zeigte: Menschen mit dauerhaft hohen Cortisolwerten hatten kleinere Hippocampi und schnitten in Gedächtnistests schlechter ab (Dronse et al., 2023).
- Emotion & Stimmung: Chronischer Stress stört das Gleichgewicht der Stressachse (HPA-Achse). Die Folge: mehr Entzündungen im Gehirn und mehr depressive Symptome (Lei et al., 2025).
- Langzeitfolgen: Dauerhaft erhöhte Cortisolspiegel werden mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselproblemen und einem höheren Risiko für Alzheimer in Verbindung gebracht (Knezevic et al., 2023).
- Auf Zellebene: Tierstudien zeigen, dass chronische Cortisolbelastung die Bildung neuer Nervenzellen hemmt und sogar Stützzellen im Gehirn (Astrozyten) verloren gehen (Shin et al., 2024).
Warum „Vergiftung“ ein treffendes Bild ist
Kurzfristig pushen uns Adrenalin und Cortisol. Aber wenn sie dauerhaft im Blut zirkulieren, wirken sie wie ein Gift:
- Sie rauben dir Konzentration und Klarheit.
- Sie lassen dein Herz schneller altern.
- Sie erhöhen den Blutzucker und fördern Entzündungen.
- Sie machen dich anfälliger für Depression und Demenz.
So wird ein sinnvolles Notfallprogramm zu einer stillen Belastung, die langsam Körper und Geist erschöpft.
Was du für dich tun kannst
Die gute Nachricht: Dein Körper ist nicht wehrlos. Er kann sich erholen, wenn du ihm bewusst Pausen gönnst. Schon kleine Schritte machen einen Unterschied:
- Bewegung, die dir Freude macht
- gesunder, regelmäßiger Schlaf
- Atemübungen oder Meditation
- feste Rituale, die dir Halt geben
Ich habe gelernt: Es sind oft die kleinen Dinge, die uns zurück in die Balance bringen.
Quellen
- McEwen, B. S. (2000). Allostasis and allostatic load: Implications for neuropsychopharmacology. Nature Reviews Neuroscience. Link
- Dronse, J. et al. (2023). Serum cortisol is negatively related to hippocampal volume and memory performance in aging and Alzheimer’s disease. Frontiers in Aging Neuroscience. Link
- Knezevic, E. et al. (2023). The role of cortisol in chronic stress, neurodegenerative diseases and neuroendocrine tumors. Frontiers in Endocrinology. Link
- Lei, A. A. et al. (2025). Chronic Stress-Associated Depressive Disorders: The Impact of HPA Axis Dysregulation and Neuroinflammation. International Journal of Molecular Sciences, 26(7), 2940. Link
- Shin, H. S. et al. (2024). Prolonged stress response induced by chronic corticosterone causes neurogenesis inhibition and astrocyte loss in mouse hippocampus. Brain Research. Link
